06.10.2017 - 29.10.2017

 

„Auf Tuchfühlung - Inszenierung von Malerei und Oper.“
Auf Tuchfühlung gingen hier zwei sehr unterschiedliche Frauen: Die Kostümbildnerin Hannah Barbara Bachmann und die freischaffende Künstlerin Renate Busse.
Das erste Projekt von Bachmann und Busse ereignete sich 2012 im Rahmen der Kunstnacht Schorndorf. Vor den anfangs entsetzten Blicken der Besucher setzte Bachmann die Schere an – und schnitt die bemalten Stoffe von Busse auseinander. Aus einem ersten Akt der scheinbaren Zerstörung und Zerstückelung setzte sich im Laufe des Abends ein neues Werk zusammen. Es entstand ein Kleid. Dieses Kleid ist das Ergebnis der Verbindung der beiden unterschiedlichen Weisen, Kunst zu schaffen und stellt damit auch die Beziehung der beiden Künstlerinnen zueinander dar.
Aus Gemälden wird ein Gewand. Eine Metapher, in Kunst schlüpfen zu können. Sich die Kunst überzustreifen, sich damit bekleiden zu können. Die Kunst wird verknüpft mit der sinnlichen Vorstellung, sie als zweite Haut zu spüren - der bemalten Textilie ganz nah zu sein.
Diese Metamorphose war Kernstück der Ausstellung 2012. Sichtbar und erfahrbar deren vielzählige Zwischenschritte in Form der Herstellung und der Bemalung des textilen Rohstoffs, der Aktion des Auseinandertrennens und dem Wiederzusammenführen durch das Handwerk des Nähens zu einem neuen Werk. Mit der Ausstellung „Auf Tuchfühlung“ gehen die beiden Künstlerinnen erneut gemeinsame Wege und thematisieren diese Annäherungen farbiger Formenfülle mit der mSchnittstelle von Textilkunst und Musik. So betont auch der Untertitel der Ausstellung die
andauernde Auseinandersetzung der beiden Künstlerinnen miteinander: Die Inszenierung von Malerei und Oper. Der Dialog zwischen abstrakter Malerei und das Ausreizen der Dreidimensionalität von bearbeiteten Textilien und deren unterschiedliche Wahrnehmung wird nun in die offenen Räumlichkeiten der Kulturmühle transferiert. Die eine Position erzählt von farbigen Gefühlswelten, gestaltet von Renate Busse als großflächige Textildrucke auf Stoffbahnen.
„Für die Ausstellung 'Auf Tuchfühlung' habe ich mich in Richtung Ornament weiterbewegt, was folgerichtig vom Ornament zum Rapport und Stoffdruck führt.(...) Es sind eher freie Formen, eine Formenvielfalt, Formenfülle - das ist mein Repertoire, aus dem ich schöpfe.“ Renate Busse Form und Farbe gegenüber steht eine experimentelle Haltung. Hannah Barbara Bachmann lotet die Grenzen tragbarer Bühnenobjekte aus. Sie arbeitet mit Materialität und Struktur. Ihre technischen Versuche erzeugen eine Balance und ein Spannungsfeld mit ihren Konstruktionen für eben diesen Dialog und seine Positionen, die sich gegenseitig erklären und verneinen, sich voneinander immer wieder trennen und neu zusammensetzen. So beginnt man beim Betrachten der Werke selbst über eine Aneignung der Kunst als Gewand nachzudenken und Kunst gedanklich zu möglichen Kleidungsstücken zu konstruieren, anzuprobieren.
Hannah Barbara Bachmann
*1988
Ausbildung zur Damen-Maß-Schneiderin der Kostümschneiderei des Südwestrundfunks,
Baden-Baden (2008-2011); 2011 Komödie im Marquardt und Altes Schauspielhaus in
Stuttgart; Ab 2013 Studium Kostüm-Design an der HAW Hamburg bei Professor Reinhard von der Thannen; 2016 Abschluss des Studiums mit Bestnote;
Seit 2016 arbeitet Hannah Barbara Bachmann als Freie Kostümbildnerin, Kostüm-Assistentin und Textil-Revolutionärin.
Realisation diverser Theater- und Film- Produktionen, sowie Musiktheater-Projekte mit unter anderem Philipp Fürhofer, Phillipp Himmelmann, Kommando Himmelfahrt und Luise Kautz; 2016 Gründung des Kollektivs „conglomérat L“ mit der Regisseurin Luise Kautz und der Bühnenbildnerin Lani Tran-Duc; Mit diesem Projekt Semi-Finalisten des „Ring Award 2017“ in Graz. März 2018 National Theater in Mannheim mit „Pelléas et Mélisande“ und April 2018 „Carmen“ im Stadttheater Bern (CH).
Renate Busse
*1941
1959 bis 1962 Studium der Malerei an der Kunstakademie Stuttgart unter anderem bei Manfred Henninger und Roland Dörfler; Seit 1971 Mitglied im VBKW als freiberufliche Künstlerin; Mitglied im KV Schorndorf und Schwäbisch Gmünd. Ausstellungen unter anderem in Stuttgart, München, Baden-Baden, Meersburg, Berlin, New York, Fécamp, Tulle und Salonikí.
Renate Busses Repertoire umfasst Zeichnungen, Ölbilder, Obstkisten-Objekte, Fahnen und Stoffdrucke. Zu ihrem 75. Geburtstag fand in Schorndorf ihre große Retrospektive statt, anschließend in Schwäbisch Hall und im November 2016 in Adelberg.

>>NWZ vom 09.10.2017

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